KREIS STEINFURT. Eigentlich wollte Tino Jecke aus Greven nach dem Schulabschluss weiter die Schulbank drücken. „Aber die Noten haben nicht gepasst“, schaut der 19-Jährige zurück. Er überlegte neu und suchte sich einen Ausbildungsplatz zum Elektroniker für Gebäude- und Energietechnik. Heute sagt er: „Es war richtig gut, gleich nach der Schule in den Beruf zu gehen. Ich bin selbstbewusster geworden und kann auch zu Hause vieles selbst erledigen.“ Mit der Ausbildung bei der Elektro Kemper GmbH & Co. KG fand Tino Jecke eine echte Alternative zur schulischen Bildung.
Wenn alles nach Plan verläuft, hält der junge Mann im Februar seinen Gesellenbrief in den Händen. Wie es dann weitergeht, darum braucht er sich keine Sorgen machen. „Wir übernehmen in der Regel alle Lehrlinge“, sagt sein Chef Willi Kemper. Die Auftragslage ist gut, und was Fachkräftemangel bedeutet, wissen die Vertreter des Elektro-Handwerks im Kreis Steinfurt aus eigener Erfahrung. Warum ihm die Arbeit als Elektroniker Spaß macht? „Mir gefällt die Teamarbeit und zu sehen, was man beim Neubau quasi aus dem Nichts so schaffen kann. Es macht Spaß zu erleben, was man mit Strom alles machen kann“, sagt Tino Jecke.
Das Elektro-Handwerk lernte er während eines Schulpraktikums kennen. Im Alltag hat er immer wieder mit Mathe und Physik zu tun und arbeitet mit dem PC, zum Beispiel, wenn es um die komplexe Systemsteuerung in modernen Immobilien geht. „Der Beruf des Elektronikers hat sich heute sehr gewandelt“, sagt Arbeitgeber Willi Kemper. „Wir verlegen längst nicht mehr nur Leitungen und Steckdosen, sondern beschäftigen uns mit komplexer Netzwerktechnik und Steuerungstechnik.“ Smart Home heißt das Stichwort.
Dennoch hat auch Tino Jecke im Ausbildungsbetrieb klein angefangen. Flexen, Stemmen, Fegen und die Baustelle aufräumen – auch das gehört zum Beruf. „Nach und nach kann man aber auch während der Ausbildung schon vieles selbstständig machen: Steckdosen und Schalter verdrahten, Lampen anschließen“, zählt der Auszubildende auf. Viel Fachwissen bekommen die Auszubildenden von den Kollegen auf den Baustellen vermittelt. Die Firma Kemper verfügt zudem über eine kleine Übungswerkstatt, in der die Lehrlinge grundlegende Tätigkeiten ausprobieren können.
Dort ist auch Woldemar Becker immer mal wieder anzutreffen. Der 22-Jährige Rheinenser hat ein Berufsorientierungsjahr am Berufskolleg Rheine besucht. „Der Bereich Elektrotechnik hat mir am besten gefallen“, sagt er. Mit Unterstützung des Caritasverbandes absolviert er derzeit eine Berufsvorbereitungsphase mit Langzeitpraktikum bei Elektro Kemper. Ab dem 1. August kommt er dann täglich als Azubi in den Betrieb.
Zwei Mal die Woche besucht Tino Jecke die Berufsschule. „Was wir da lernen, ist nicht ohne“, gesteht er. „Wir machen vieles, was man früher in der Schule nur grob gestreift hat – oder auch gar nicht gelernt hat, zum Beispiel, wie Strom entsteht oder wie man ein Magnetfeld aufbaut“, sagt der junge Mann. In diesem Jahr hat er seine Zwischenprüfung abgelegt. Dabei musste er eine Wechselschaltung für ein Treppenhaus installieren. „Eigentlich ist das nicht schwer, aber die Zeit ist knapp bemessen“, sagt er.
Seine Entscheidung, Elektroniker zu werden, hat er nicht bereut. Viele seiner Freunde und Bekannten gehen noch zur Schule. „Sie schreiben jetzt Bewerbungen. Aber vor allem Bürojobs sind relativ schwer zu bekommen.“ Tino Jecke ist überzeugt: „Wenn ich meine Freunde und Bekannten sehe, finde ich meinen Weg besser.“
Drei Fragen an...
...Willi Kemper, Geschäftsführer der Elektro Kemper GmbH & Co. KG in Emsdetten
Worauf achten Sie bei einem Bewerber um einen Ausbildungsplatz?
Kemper: Der erste Blick geht aufs Zeugnis, um abzuschätzen, ob der Bewerber die Ausbildung schaffen kann. Dabei geht es aber nicht nur um schulische Leistungen. Auch Hauptschüler haben gute Chancen.
Welche Fähigkeiten sind im Elektro-Handwerk gefragt?
Kemper: Handwerkliches Geschick ist das A und O. Und die Grundlagen der Elektro-Technik haben mit Mathe und Physik zu tun. Praktika sind natürlich gut, damit beide Seiten sehen können, ob sie zueinander passen.
Welche Perspektiven bieten sich dem Nachwuchs in Ihrer Branche?
Kemper: Sehr gute. Handwerk ist immer gefragt. Und auch die Weiterbildungsmöglichkeiten sind gut. Es gibt Weiterbildungen in den unterschiedlichsten Bereichen, zum Beispiel im Bereich Steuerungstechnik und vieles mehr. Man kann auch weiterkommen, zum Beispiel als Techniker oder Meister. Im Moment ist der Arbeitsmarkt leergefegt. Ich glaube, wer eine Ausbildung im Handwerk macht, ist sehr, sehr gut beraten.